Sorry für meine Inaktivität. Ich mache es wieder gut. QwQ Hier eine kleine Weihnachtsgeschichte zu #ESXmas2020 von mir. Ich wollte keine klassische Fanfiction schreiben, sondern etwas eigenes, dass ins Universum passt. Heißt, es kommen nur OCs vor und es könnte auch in jedes Fantasy Universum passen. Vielleicht bereitet sie euch aber doch Freude. ^O^
PS: Rayon meinte, ihr lest es vielleicht im Podcast, weswegen ich euch gerne die Mühe abnehme und es eingefärbt habe. Have fun xD Lyn - Zauberschülerin, Hauptcharakter Lan - Zauberschülerin, Rivalin von Lyn Meister Marwin - Meister der Magie, Leiter der Fakultät Narwal - eine Feuer speiendes, gierige Version der ES Narwale aus einer anderen Welt Brutus - Horden Führer Grimm - Adjutant von Brutus
"Diesmal muss es klappen!"
Angestrengt konzentrierte sich Lyn – Zauberschülerin im dritten Semester, an der Fakultät einer Stadt, irgendwo tief im Herzen Ferunes – auf ihre Formeln. Weihnachten stand vor der Tür und wie schon in den vorangegangenen Jahren, hatte ihr Meister auch diesmal wieder einmal höchst ausgefallene Weihnachtswünsche geäußert, und Lyn hatte keine Ahnung, wie sie die erfüllen sollte.
Mit Grausen dachte sie an Ostern zurück, als ihr Meister ihr aufgetragen hatte, die feuchten Gewölbe der Fakultät unter dem Aspekt des Osterfestes magisch zu trocknen. Damals war ihr die Sache völlig aus dem Ruder gelaufen. Statt Osterhasen hatte sie aus Versehen ein paar tanzende Feuerdämonen herbeigezaubert, die sich einen Spaß daraus gemacht hatten, die ehrwürdigen Zauberer durch die feuchten Kellergänge zu jagen. Der Keller war auf diese Weise zwar schnell trocken geworden, trotzdem hatten ihre Lehrer nicht die rechte Anerkennung für ihre Leistung aufbringen können. Wem ein Jahrzehnte lang gewachsener Bart einfach weg gesengt wird, ist eben nicht geneigt, Einsen zu vergeben. Das musste diesmal anders werden. Schon, um es ihrer Waldkatzen Mitschülerin und Widersacherin Lan zu zeigen. Mit einem mulmigen Gefühl im Magen dachte sie daran, was ihr Lehrmeister ihr zur Prüfung auferlegt hatte, das Herbeizaubern eines magischen Weihnachtsgeschöpfs. "Es gibt viele magische Geschöpfe aus den Weihnachtserzählungen", hatte Meister Marwin ihr erklärt. "Elfen, die am Nordpol basteln, fliegende Rentiere, liebreizende Feen, such dir einfach eins aus, aber wenn du wieder versagst, kannst du Weihnachten am Nordpol feiern."
Lyn hatte stumm genickt und betroffen den Campus verlassen. Ausgerechnet magische Weihnachtsgeschöpfe. Schlimmer hätte es nicht kommen können. Frustriert hatte sie den Hain jenseits der Fakultät durchwandert, bis sie den Fischteich erreicht hatte. In der Abgeschiedenheit dieser kleinen Oase hatte sie eine Weile vor sich hingegrübelt, bevor sie sich daran gemacht hatte, verschiedene Zaubersprüche miteinander zu kombinieren, womit sie noch immer beschäftigt war. Einen immergrünen, Weihnachtslieder singenden Weihnachtsbaum wollte sie herbeizaubern. Doch das erwies sich als schwerer, als gedacht. Schließlich kam sie zum Ende ihrer Bemühungen und lehnte sich erschöpft mit dem Rücken an einen Baumstumpf, der sich am Ufer des kleinen Tümpels trotzig in die Höhe reckte, während sie mit einer gewissen Beunruhigung nun das Ergebnis ihrer letzten Beschwörung beobachtete, das nach und nach Gestalt annahm.
Ein dichter Nebel, der an eine Windhose erinnerte, hatte sich neben dem Fischteich, an dessen Ufer ein paar Trauerweiden standen, gebildet und wuchs beständig weiter in die Höhe, bis er sogar die Bäume überragte. Lyn bezweifelte, dass sich ihr Meister unter "liebreizend" etwas in dieser Größenordnung vorgestellt hatte. Das sah schon wieder verdammt nach Ärger aus. Mit einer bösen Vorahnung beobachtete Lyn, wie sich der Nebel schließlich immer mehr verdichtete und dann plötzlich in einem blendenden Blitz verschwand und dafür das Ergebnis ihrer Bemühungen sichtbar wurde. Lyn klappte der Unterkiefer herunter, als sie erkannte, was sie da heraufbeschworen hatte.
In einer wenig anmutigen Pose saß ein grüner riesiger Narwal auf seiner Hinterflosse inmitten des Teichs und sah sich irritiert mit seinen blutroten Augen um, während er mit tiefer Bassstimme vergnügt "Von draußen vom Walde komme ich her" vor sich hin brummte.
Immerhin kennt er die richtigen Lieder und die Farbe stimmt auch, versuchte Lyn das Positive an der Situation zu sehen, während sie entsetzt den Narwal musterte, der offenkundig gerade beim Frühstück gewesen war, als Lyn ihn aus seiner Welt gerissen und ihn hierher verfrachtet hatte.
Lyn bezweifelte, dass der Narwal über den plötzlichen Ortswechsel begeistert war. Doch für eine Flucht war es ohnehin zu spät, denn inzwischen hatte das liebreizende Geschöpf Lyn entdeckt.
"Nachtisch", brummte der Narwal erfreut und senkte sofort seinen riesigen Kopf. Eine breite Zunge, die so gar nichts Weihnachtliches an sich hatte, erschien zwischen den Unterarm langen Zähnen. Das riss Lyn aus ihrer Erstarrung.
"Halt!", brüllte sie empört, während ihr all die Eigenschaften durch den Kopf jagten, die sie über Narwale gelesen hatte: Verfressen sollten sie sein. "Ich, Lyn, habe dich beschworen und bin damit deine Meisterin. So lautet der Kodex", behauptete sie ungeniert und fragte sich, ob sie nicht eine wesentliche Eigenschaft übersehen hatte. Der Narwal legte überrascht den Kopf auf die Seite.
"Wo hast du denn den Unsinn her?", fragte er amüsiert. Lyn wurde blass.
"Nun..", erwiderte sie gedehnt, während ihr Arm automatisch in Richtung der Fakultät wies, "ich habe es gelernt, in der Fakultät."
In den Augen des Narwals erschien ein verschlagener Ausdruck.
"Das bedeutet also, dass sich jenseits des Hains Häuser befinden, vielleicht eine Stadt oder gar ein Schloss voller Reichtümer?"
Lyn staunte über die Gerissenheit des Narwals.
"Ääähh", brachte sie stockend hervor, während sie sich vorstellte, wie Meister Marwin wohl reagieren würde, wenn der Narwal an die Tür klopfen würde, um das ohnehin spärliche Salär der Fakultät abzukassieren. Sie bezweifelte, dass sich ihr Meister unter einem liebreizenden Weihnachtsgeschöpf etwas in dieser Art vorgestellt hatte.
"Diesmal bin ich erledigt", murmelte Lyn, während sie dem Narwal, der sich mit eleganten Flügelschlägen erhob und jenseits des Waldes verschwand, hinterher sah. "Jetzt wäre es an der Zeit für ein Wunder", fluchte sie und rannte los. Irgendetwas musste ihr einfach einfallen, sonst konnte sie ihre Weihnachten in der Fremde verbringen.
Vor den Toren der Fakultät plagte sich inzwischen Lan mit ihrer Prüfungsaufgabe herum, die sie am Weihnachtsabend vorführen sollte. Die eigene Verwandlung in einen typischen Weihnachtsgegenstand. Warum musste der Meister auch immer so ausgefallene Weihnachtswünsche haben? Die Verwandlung in jede lebende Form hätte ihr keine Schwierigkeiten bereitet, doch die Verwandlung in einen toten Gegenstand war ein völlig anderes Kaliber. Erneut setzte sie zum Zitieren der Zauberformel an, als sie plötzlich ein Windstoß von den Beinen fegte. Das konnte nur Louis sein, der die Aufgabe hatte, einen tanzenden Schneesturm vorzuführen. Da in der Gegend selten Schnee fiel, oblag es Louis, das zu Weihnachten zu ändern. Lan beneidete ihn nicht um diese Aufgabe.
"Kannst du nicht aufpassen", murrte sie, während sie sich wieder hoch rappelte, doch jede weitere Kritik blieb ihr im Hals stecken, als sie die turmhohe, grüne Wand vor sich wahrnahm.
"Wie war das?", fragte der Narwal grantig, der die blass gewordene Lan grimmig anstarrte. Doch Lan hatte inzwischen ihre ersten Schrecken überwunden und sah eine Möglichkeit endlich zu beweisen, dass sie die Mutigste von allen war.
"Hör mal", hob sie mit energischer Stimme an. "Diese Fakultät steht unter meinem Schutz! Entweder unterwirfst du dich gleich, oder es gibt dieses Jahr Sushi zu Weihnachten." Dazu wedelte sie theatralisch mit ihrem Zauberbuch hin und her. Verärgert zuckte der Narwal zurück. Vielleicht war es an der Zeit, ein Exempel zu statuieren, überlegte er,
Inzwischen näherte sich Lyn der auf einer Anhöhe thronenden Fakultät. Als sie um die letzte Biegung kam, stöhnte sie verzweifelt auf. Ausgerechnet Lan hatte den Narwal zuerst entdeckt, Zu ihrer Überraschung ließ sich der Narwal davon aber nicht beeindrucken und hüllte Lan stattdessen mit einem Feuerstoß aus seinem geöffneten Rachen ein. "Sie sind feuergefährlich!", rief Lyn entsetzt, die bei diesem Anblick wie angewurzelt stehen blieb. "Ich wusste doch, dass da noch etwas war."
Das war gar nicht gut. Lyn raufte sich das weite Haar. Wie sollte sie das bloß ihrem Meister beibringen? Aber was machte sie sich Sorgen, ging es ihr zynisch durch den Kopf. Wahrscheinlich würde es bald ohnehin keinen Meister mehr geben, dem sie etwas beichten müsste, wenn es ihr nicht gelingen sollte, diesen Irrsinn zu stoppen. Irgendetwas musste sie sich einfallen lassen, fragte sich nur, was? Da Untätigkeit sie jedoch mit Sicherheit keinen Schritt weiterbringen würde, riss sie sich entschlossen aus ihrer Erstarrung und schloss in Windeseile zu dem unliebsamen Produkt ihrer Zauberversuche auf, das bereits mit unübersehbarem Interesse die Mauern der Fakultät musterte. Ostentativ übersah er dabei Lyn, die nervös und reichlich hilflos vor ihm zum Halten kam. Der kleine Mensch amüsierte ihn, und es machte ihm Spaß, ihn herauszufordern. Sollte er ihn jedoch zu sehr ärgern, nun, dann würde er ihn als verfressenen Gesprächspartner kennenlernen.
Inzwischen sah sich Lyn verstohlen nach Lan um. Etwas schwarze Asche verriet, dass diese den Aggregatzustand gewechselt hatte. Unglücklich befingerte Lyn daraufhin ihr Zauberbuch und nahm sich vor, dringend im Kapitel "Wie werde ich feuerfest" nachzulesen. Sie war sicher, dass Lan diesen Zauber beherrschte und vermutlich bald wieder hergestellt sein dürfte, auch wenn ihre ohnehin schlechte Laune dann vermutlich auf dem Tiefpunkt angelangt war. Lyn konnte sich gut vorstellen, wie sie reagieren würde, wenn sie herausbekäme, wer dieses liebreizende Geschöpf herbeigezaubert hatte. Doch darum konnte sie sich später Sorgen machen. Einstweilen galt es, andere Probleme zu lösen. Also nahm sie all ihrem Mut zusammen, um dem Ungeheuer die Meinung zu sagen.
"Hast du nicht mehr alle Schuppen in der Fresse?", schimpfte sie los, immer nach dem Motto, Angriff ist die beste Verteidigung. "Zugegeben, ich bin bestimmt die letzte, die der hier eine Träne nach weint, aber trotzdem, das geht einfach zu weit. Immerhin steht Weihnachten vor der Tür. Also sieh zu, dass du wieder dahin zurückkehrst, wo du hergekommen bist."
"Mir gefällt es hier aber. Schließlich ist bald Weihnachten, da werden eine Menge Geschenke fällig, und ich bin sicher, dass ihr alle sehr großzügig sein werdet", erwiderte der Narwal boshaft. Mit einem bösen Grinsen, das mächtige Zahnreihen entblößte, senkte sich der gewaltige Narwalschädel, bis er in Augenhöhe mit Lyn war. "Fang am besten schon einmal an, Geschenke einzupacken. Ich werde mich bis dahin dort hinten niederlassen." Dabei wies der Narwal mit seiner rechten Flosse auf einen imposanten Turm, der aus den Reihen der windschiefen Häuser hoch herausragte. "Der Turm scheint dafür am besten geeignet zu sein. Da passt viel hinein."
Lyn erbleichte, handelte es sich bei dem angestrebten, zukünftigen Lagerraum um den Wohnturm ihres grantigen Lehrmeisters Marwin.
"Das kannst du nicht machen", flehte sie, doch der Narwal hatte sich bereits wieder abgewendet, schwang sich in die Luft und steuerte den ehrwürdigen alten Turm an. Lyn fluchte, jetzt war alles verloren.
"Was war denn hier los? Ich vermeinte eben, Lans verärgerte Stimme zu vernehmen." Aus einer Seitengasse trat Meister Marwin hervor, der zu dieser Zeit gerne einen Mittagsspaziergang abhielt. Irritiert stellte er fest, dass von Lan weit und breit keine Spur zu sehen war. Stattdessen erspähte er Lyn, die einen ausgesprochen blassen Eindruck machte.
"Aaahh, Lyn, ich hoffe, du hast nichts angestellt. Hast du Lan gesehen?"
Lyn schluckte und deutete stumm auf den schwarzen Aschehaufen, der sich allmählich im Wind zerteilte. Sofort erhellte sich Marwins Gesicht.
"Bravo! Eine wahre Meisterleistung, wie sie die Verwandlung hin bekommen hat, auch wenn es noch nicht das ist, was ich mir vorgestellt habe. Es wirkt so echt. Muss wirklich schwer gewesen sein", stellte er stolz fest.
"Nun, wie man es nimmt", entgegnete Lyn vorsichtig, die überzeugt davon war, dass sich Lan vermutlich auch etwas anderes vorgestellt hatte. "Sie hatte ein wenig Hilfe."
"Was für Hilfe?" Marwin sah sie mit gerunzelter Stirn an.
Lyn fing an zu schwitzen. "Das ist nicht ganz einfach zu erklären", setzte sie an, wurde aber von einem lauten Gepolter unterbrochen. Wie auf ein Kommando fuhren die beiden herum. Die Ursache des Lärms war unschwer auszumachen. Beim Anblick des Narwals, der wie eine Galleonsfigur mit samt dem Wohnturm Meister Marwins in einer Staubwolke verschwand, schnappte dieser erschrocken nach Luft.
"Mein Turm", keuchte er.
"Musste sowieso mal saniert werden", murmelte Lyn. Marwins Kopf fuhr zu ihr herum.
"Wo zum Teufel kommt dieser monströse Narwal Verschnitt her?", wollte er mit überschnappender Stimme wissen.
"Kam zufällig vorbei."
Zwei steile Stirnfalten verkündeten, dass Meister Marwin nicht geneigt war, seiner Schülerin Glauben zu schenken. "Darüber unterhalten wir uns später." Dann drehte er sich um und rannte los, Lyn folgte bedrückt.
Als sie am Rand des Marktplatzes ankamen, den einst der stolze Wohnturm zierte, war der Narwal gerade damit beschäftigt, von den steinernen Überresten herunter, der staunenden Bevölkerung seine Proklamationen zu verkünden.
"Geschenkesteuer wird natürlich auch ab sofort erhoben", teilte er gerade genüsslich mit. Den Gesichtsausdrücken der Anwesenden nach zu schließen, stieß dies nicht gerade auf Begeisterung. Lyn wunderte sich gerade, wieso ihre Landsleute nicht einfach das Weite gesucht hatten, als ihr auch schon postwendend die Erklärung hierfür geliefert wurde.
Doch Meister Marwin ließ sich so schnell nicht einschüchtern.
"Abwarten", knurrte er. "Erst einmal brauche ich mein Zauberbuch aus der Bibliothek."
Sofort sprintete ein Schüler davon, dankbar, diesem Ungetüm zu entkommen, während sich Meister Marwin ein Bild von der Situation machte. Die Blicke, die er dabei gelegentlich Lyn zuwarf, ließen diese immer blasser werden. Vielleicht wäre das der richtige Augenblick zum Auswandern. Kanterra am anderen Ende der Welt sollte ja sehr interessant sein. Während Lyn verzweifelt feststellte, dass sich ihre Zukunft gerade verabschiedet hatte, stand der Großteil der Bevölkerung noch immer wie erstarrt vor dem Narwal. Lyn konnte das gut nachvollziehen. Wer ging schon mit feuerfester Unterwäsche aus dem Haus? Sie begrüßte es daher sehr, dass ihr Meister es vorzog, sich unauffällig in die Gasse, aus der sie gekommen waren, zurückzuziehen, um das weitere Vorgehen zu überdenken. Lyn folgte, wobei sie den Narwal, der sich gerade für den Gedanken erwärmte, sich am Weihnachtsabend in Gold aufwiegen zu lassen, nicht aus den Augen ließ.
"Wir müssen ihn irgendwie überraschen. Fragt sich bloß, wie?", überlegte Meister Marwin mit zerfurchter Stirn, während er unablässig in der engen Gasse auf und abging. Lyn hätte gerne geholfen, aber ihr fiel beim besten Willen nichts ein.
Es ertönte plötzlich eine aufgeregte Stimme. Unbemerkt war hinter ihnen eine der Wachen erschienen, die offensichtlich gerade aus dem Mittagsschlaf erwacht war und noch gar nicht mitbekommen hatte, dass gerade ein lieber Weihnachtsgast eingetroffen war. Er teilte dem Meister und Lyn mit, dass sie ein Problem hatte.
"Und wie würdest du das da bezeichnen?", erwiderte Lyn bissig und zeigte mit dem Daumen die Straße hinunter, wo der Narwal gerade die Christbaumsteuer einführte. Eine Goldmünze je Nadel erschien ihm angemessen.
Es gab wohl noch ein Problem, gab die Wache unumwunden zu, die gerade für sich entschieden hatte, dass der alte Weihnachtsbaumbrauch ohnehin überholt sei. Zudem soll das am Tor auch nicht ohne sein. Eine wilde Horde soll mit tausend Mann erschienen sein.
Meister Marwin stöhnte. Irgendwie war das heute nicht sein Tag. Doch im Gegensatz zu ihrem Meister, sah Lyn hier eine unverhoffte Möglichkeit, ihren unwillkommenen Gast loszuwerden.
"Ich glaube, ich habe eine Idee", teilte sie den anderen mit einem Grinsen auf dem Gesicht mit.
Vor dem Tor wartete derweilen Brutus der Schreckliche mit seinem Adjutanten Grimm. "Du wirst sehen, die kommen hier schlotternd angekrochen, grün vor Angst und werden wie alle anderen bezahlen. Schließlich ist bald Weihnachten, und da will man seinen Frieden haben", verkündete Brutus seinem Adjutanten gerade. Echsenmenschen blieben wohl immer gleich.
"Was die Farbe anbelangt, hast du Recht", stimmte Grimm ihm mit belegter Stimme zu. "Den Rest bezweifle ich allerdings." Sein Blick hing wie gebannt am Tor der Fakultät. Wie die Schreckensfigur aus einem Alptraum zwängte sich dort gerade eine riesige, grüne Kreatur hindurch, gefolgt von einem grinsenden Mädchen und einem ernst dreinblickenden älteren Mann. Sie wurden begleitet von der Wache, die immer wieder nervöse Blicke auf die gewaltige Streitmacht der Horde warf, die nur ein paar Zwerge entfernt lagerte.
"Was zum Henker ist das denn?", flüsterte Brutus. Nervös befingerte sein Schwert. Grimm bezweifelte allerdings, dass ihm das etwas nutzen würde. Inzwischen war das Ungeheuer, das so gar nichts Weihnachtliches an sich hatte, heran geflogen und ragte wie ein Turm vor ihnen auf.
"Wie man mir berichtet hat, habt ihr vor, hier abzukassieren", knurrte der Narwal, worauf Brutus der Schweiß ausbrach. Doch jetzt durfte er sich keine Blöße geben.
"Ich repräsentiere die wilde Horde und biete euch meinen Schutz an", stellte er die Angelegenheit richtig. "Der ist natürlich nicht umsonst, aber da Weihnachten vor der Tür steht, biete ich Euch einen Vorzugspreis an."
"Natürlich", murmelte der Narwal sarkastisch. "Wie viel habt ihr denn bisher so eingenommen?", fragte er hinterhältig.
"Nun, mindestens 1.000 Goldmünzen je befestigte Stadt, 100 je Dorf und 10 je Gehöft. Bisher haben alle im Umkreis von 100 000 Zwergen unseren Schutz angenommen. Schließlich will man zu Weihnachten ja seinen Frieden haben", zählte er stolz die Bilanz seiner Schreckensherrschaft auf. Der Narwal wandte sich daraufhin an Lyn.
"Wie viele Städte, Dörfer und Gehöfte gibt es hier denn?", fragte er.
Lyn überlegte kurz.
"10 Städte, 50 Dörfer und unzählige Gehöfte."
"Das macht dann rund 15.000 Goldtaler", rechnete der Narwal aus. "Das trifft sich gut."
"Wieso?" Brutus sah ihn verwirrt an.
"Weil das genau die Summe ist, die für das Durchqueren dieser Ländereien mit einer solchen Streitmacht zur Weihnachtszeit fällig wird."
"Jetzt reicht es, hier zahlt nur einer, und das sind ganz gewiss nicht wir", fauchte Brutus verärgert, zog sein Schwert und streckte es senkrecht in die Luft, worauf sofort ein angriffslustiges Brüllen der Horde einsetzte, das jedoch schlagartig verstummte, als diese mit ansehen musste, wie schnell ihrem Anführer warm ums Herz wurde.
"Andererseits klingt der Preis angesichts der steigenden Inflation ganz akzeptabel", räumte Grimm vorsichtig ein, der noch immer das Bild des in qualmenden Kleidern flüchtenden Anführers vor Augen hatte. Er hatte alles andere als glücklich ausgesehen und das zu Weihnachten! Doch für weitere Verhandlungen war es zu spät, denn in diesem Moment hatte sich die Horde von ihrem Schock erholt und griff an. Während Lyn und Meister Marwin in die Sicherheit ihrer Stadt flüchteten, raste der Narwal im Tiefflug auf die Horde zu und brachte den Angriff ins Wanken. Von den Zinnen aus beobachteten Lyn und Meister Marwin, der verzweifelt in seinem goldenen Zauberbuch blätterte, die Schlacht. Tausend gegen einen. Irgendwie tat Lyn die wilde Horde leid, dem Narwal war sie einfach nicht gewachsen. Wer nicht als Weihnachtsbraten enden wollte, trat umgehend den Rückzug an, und nach kurzer Zeit waren die Wiesen vor der Stadt wie leer gefegt. Nur ein paar zu Aschehaufen verkohlte Planwagen dokumentierten, dass hier gerade eine heftige Schlacht getobt hatte.
"Die wären wir los", seufzte Lyn.
"Dafür haben wir ihn am Hals", knurrte Meister Marwin beim Anblick des Narwals, der gerade mit vor Stolz geschwellter Brust auf das Burgtor zukam und "Oh du fröhliche" vor sich hin pfiff. "Lenk ihn ab, ich bin gleich soweit."
"Wollt Ihr ihn töten?", fragte Lyn nervös, die plötzlich Mitleid mit dem Narwal empfand.
"Nein, ich schicke ihn nur dahin, wo er hingehört. Also geh."
Lyn machte auf dem Absatz kehrt und rannte dem Narwal entgegen.
"Das war prima", rief sie, als sie ihn erreichte.
"Wofür eine Sondersteuer fällig wird."
"Was willst du eigentlich mit dem ganzen Gold?"
"Einen Hort anlegen", seufzte der Narwal. "Jeder von uns hat einen, nur ich nicht. Das macht mich zum Gespött meiner Art. Zu Weihachten kann ich nie große Geschenke machen. Das ist deprimierend. Ich möchte auch endlich Anerkennung, und dafür brauche ich Gold."
"Aber Anerkennung kann man auf andere Weise erlangen. Unsere ist dir gewiss, weil du die Horde besiegt hast. Ist das vielleicht nichts? Außerdem kommt es zur Weihnachtszeit nicht auf kostspielige Geschenke an, sondern darauf, besinnlich miteinander zu feiern, für den anderen da zu sein. Weihnachten ist schließlich das Fest der Liebe und nicht das Fest des Kommerzes."
Der Narwal legte den Kopf schief und sah Lyn nachdenklich an.
"Ich werde darüber nachdenken", erwiderte er versonnen, dann löste er sich plötzlich von einem Moment auf den anderen unter dem Jubel der Bevölkerung auf. Das letzte, was Lyn von ihm in Erinnerung behielt, war der erstaunte Gesichtsausdruck, als der Narwal realisierte, was mit ihm geschah. Doch Lyn vermeinte auch, noch einen anderen Ausdruck auf den Zügen des Narwals bemerkt zu haben. Freude auf das bevorstehende Fest! Vielleicht hatte er ja jetzt verstanden, worauf es zur Weihnachtszeit wirklich ankommt.
"Ich hoffe, du hast nicht noch mehr Geschenke dieser Art auf Lager", ertönte plötzlich vorwurfsvoll die Stimme Meister Marwins hinter Lyn, die nervös herumfuhr.
"Tut mir leid", bekundete Lyn leise, wobei sie es nicht wagte, ihrem Meister ins Gesicht zu blicken. Nun ja, vielleicht konnte sie ja in Kanterra von vorn anfangen. Bei dreißig Grad Plus und Dauerhitzewelle konnte man dort bestimmt prima Weihnachten feiern. Marwin sah sie spöttisch an, als ahnte er, was im Kopf seiner Schülerin vorging.
"Nun, ich habe einen neuen Weihnachtswunsch", sagte er, wobei er Lyn aufmunternd auf die Schulter klopfte. "Er lautet: Wiederherstellung des Wohnturms deines Meisters in nur einer Nacht. Viel Glück." Dann drehte er sich um und ließ die verblüffte Lyn stehen, der gerade dämmerte, dass sie anscheinend doch noch eine Zukunft hatte.
"Ach ja", fügte Meister Marwin hinzu und drehte sich noch einmal um, "deine Idee, den Narwal gegen die Horde einzusetzen, war genial. Das macht einiges wieder gut." Dann verschwand er in der Masse der freudig feiernden Bewohner und ließ eine grinsende Lyn zurück. So schlecht hatte sich der Tag schließlich doch nicht entwickelt. Nun musste ihr nur noch ein Einfall kommen, wie sie den völlig zerstörten Wohnturm wieder aufbauen konnte, und das Weihnachtsfest wäre gerettet. “Vielleicht sollte ich ein paar magische Helfer herbeizaubern”, überlegte sie versonnen, während ihre Finger über das Zauberbuch in ihrer Tasche glitten. Die Elfen vom Nordpol sollten ja sehr hilfreich sein.....
Inspiriert von den Werken des J. R. R. Tolkien
Kati <3
Die Geschichte ist echt gelungen! Es ist so krass, eine Geschichte im ES Forum zu haben, die zwar schon in der selben Welt spielt, aber so weit davon entfernt ist. Ich mag auch Fanfictions, die plump lustige Dinge mit unseren Charakteren machen, wie die anderen zu #ESXmas. Aber es ist schon was feines, auch sowas zu haben. Was sehr cool. Danke dir. :3 Ach und woher hast du die Namen Lyn und Lan? Von wo ich glaube? o_o